Keine neuen Rückewege im steilen Waldgelände
Schönau am Königssee – Wenig zufriedenstellend war für die Waldbauern am Grünstein am Dienstag der Vortrag von Hans-Heinrich Lechler vom Traunsteiner Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) im Gemeinderat Schönau am Königssee. Der Forstexperte erteilte nämlich dem Wunsch auf Errichtung dreier Holzrückewege auf der Nord- und Westseite des Berges oberhalb von Hammerstiel eine Absage. Ob man sich mit der von Lechler vorgeschlagenen Variante einer Holzernte mittels Seilbahn anfreunden kann, muss sich erst noch zeigen.
Bereits der Sachverständige Bernhard Unterreitmeier vom Siegsdorfer Ingenieurbüro »Aquasoli« hatte nach einer Besichtigung möglichst einen Verzicht auf den Bau der Holzrückewege empfohlen, weil das Gelände zu steil sei und sich in dem Gebiet auch Wasserschutzgebiete befinden. Nun hatte die Gemeinde sozusagen eine »Zweitmeinung« bei Hans-Heinrich Lechler vom AELF Traunstein eingeholt, der dem Gemeinderat und den als Zuschauern anwesenden Waldbauern am Dienstag die Ergebnisse seiner Prüfung präsentierte.
»In puncto Waldeigentum ist die Situation in diesem Bereich sehr zersplittert. Hier ziehen sozusagen viele schmale Handtücher nebeneinander zu Tal«, erklärte Lechler. Das mache eine ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung nicht gerade leicht. Dem Experten lagen drei von den Waldbauern vorgeschlagene Varianten für den Bau von Rückewegen vor. Sie befinden sich beiderseits der Straße von Hammerstiel in Richtung Grünsteinhütte und würden großteils horizontal angelegt. Lechler erinnerte daran, dass sich in diesem Gebiet auch Wasserschutzgebiete befinden und eine Genehmigung schon aus diesem Grund kaum zu bekommen sei. Ein noch größeres Hindernis für den Wegebau wird aber der Schutzwald-Status der betroffenen Waldgebiete sein. »Das erschwert den Bau von Rückewegen erheblich, weil das Fällen von Bäumen hier als Rodung eingestuft wird. Und dafür ist eine Rodungserlaubnis erforderlich«, sagte Lechler.
Die von den Waldbauern ins Auge gefassten Wege würden laut Lechler etwa drei Meter breit. Bei einer Hangneigung von 35 Prozent (Lechler: »Das ist sausteil«) werden Hanganschnitte von rund 2,60 Metern Höhe entstehen, was Lechler als »erheblichen Eingriff« wertete. Beim Bau aller drei Rückewege wird man eine Waldfläche von rund 5,8 Hektar erschließen. »Das ist ein minimaler Nutzen bei maximalem Aufwand und deshalb aus forstfachlicher Sicht nicht zu genehmigen«, fasste der Experte zusammen. Mit einer Zustimmung von Gesundheitsamt, Wasserwirtschaftsamt und Unterer Naturschutzbehörde rechnet er ohnehin nicht.
Doch Hans-Heinrich Lechler hatte einen Alternativvorschlag. Wenn man auf der Grünstein-Nordseite im unteren Waldbereich in Richtung Osten einen neuen Rückeweg anlege, dann könnte das darüber liegende Waldgebiet mit einer Seilbahn zur Holzgewinnung erschlossen werden. Das Holz würde per Seilbahn nach unten gefahren und von dort abtransportiert. Der obere Masten könnte an der bestehenden Straße errichtet werden. »Davon würden in diesem Gebiet 19 Waldbauern auf einer Fläche von 20 Hektar profitieren«, sagte Lechler. »Das ist sinnvoll und das Projekt kollidiert nicht mit dem Schutzwald«, so der Experte. Ähnlich könnte man im Waldbereich westlich der Straße verfahren.
Hans-Heinrich Lechler machte auch deutlich, dass das Wegebauprojekt hier zu rund 90 Prozent bezuschusst werde. Tatsächlich würden die Waldbauern für den Bau dieses Rückewegs vermutlich sogar überhaupt nichts bezahlen müssen. Denn Bürgermeister Hannes Rasp deutete an, dass die Gemeinde wohl die restlichen zehn Prozent übernehmen würde. Der Rathauschef war zwar genauso enttäuscht über das Prüfungsergebnis wie die anwesenden Waldbauern. »Aber in Anbetracht der negativen Beurteilung werden wir keine Chance haben, das Projekt wie gewünscht zu realisieren«, fasste Rasp zusammen.
Auch mehrere Gemeinderäte bedauerten in der Diskussion, dass sich so aus einem Wald kein wirtschaftlicher Nutzen ziehen lasse, sondern Waldbesitz oft nur eine Belastung darstelle. Der Forderung, dass die Gemeinde die Kosten für einen Holzabtransport per Hubschrauber übernehmen müsse, widersprach Bürgermeister Hannes Rasp. Das könne zwar der Fall sein, wenn es um wasserschutzrechtliche Aspekte geht. Aktuell rede man aber nur über waldbaurechtliche Dinge – und da sei der Waldbesitzer in der Pflicht.
Eine ordentliche Waldbewirtschaftung in den Steillagen des Grünsteins wird nach den Prüfungsergebnissen des Forstexperten nur möglich sein, wenn sich die Waldbauern zusammentun. Das wird schwierig werden, denn Begeisterungsstürme über diesen Vorschlag gab es am Dienstag nicht. Ulli Kastner